Donnerstag, 23. Oktober 2008

Bea

Unsere neue Praktikantin, ich nenne sie hier mal Bea, stand heute morgen in Tränen aufgelöst im Laden als ich kam.

Ich glaube, ich muss nun erstmal etwas ausholen: Bea ist (genauso wie ich :D) irre. Ich weiß nicht genau was sie hat, aber ich tippe auf Depressionen und ängstlich vermeidende Persönlichkeitsstörung, Sozialphobie oder so etwas in der Richtung. Jedenfalls ist es bei ihr so schlimm, dass sie nicht mehr „richtig“ arbeiten kann und psychologisch betreut wird. Zeitweise auch in einer Klinik. Nun macht sie in einem Integrationsprogramm mit (therapiebegleitend) und darf bei uns im Laden arbeiten.

An dieser Stelle möchte ich mich am Rande mal lobend über meine Chefin äußern: nicht jeder Betrieb würde so jemanden aufnehmen und ihm die Chance auf einen Wiedereinstieg geben.

Aber weiter im Text:

Bea ist eine wirklich ganz liebe Frau und ich verstehe mich super mit ihr, auch wenn sie geschätzte 20 Jahre älter als ich ist. Deswegen war ich heute morgen auch tief schockiert, als sie da so weinend stand. Ein Häufchen Elend ist nichts dagegen.

Sie erzählte dann, dass sie seit ihrer letzten Therapiestunde total im Eimer ist. Ihr Freund ist vor ein paar Monaten gestorben (ich weiß nicht woran) und das kam in diesem Gespräch alles wieder hoch.

Die arme tut mir so furchtbar Leid. Ich glaube ich kann ihre Situation ein Stück weit nachvollziehen; die Depressionen und die Angst sind mir ja auch nicht fremd. Und wenn dann auch noch ein geliebter Mensch stirbt… ich möchte gar nicht drüber nachdenken, was ich dann tun würde.

Ich bewundere sie sehr dafür, dass sie trotz allem nicht aufgibt und versucht ihr Leben auf die Reihe zu bekommen. Sie ist trotz des Todesfalles die neue Arbeitsstelle angetreten und bemüht sich sehr nicht unterzugehen.

Ich habe ihr letzte Woche entlocken können, dass sie bald Geburtstag hat. Und dass sie Glühwein liebt (auch so wie ich :D). Deswegen werde ich ihr zu dem Anlass ein Fläschchen besorgen und vielleicht noch eine Kleinigkeit samt Karte dazu.

Ich hoffe sehr, dass sie sich darüber ein wenig freuen kann.

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